Innocenti - Lambretta (Italien)

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Innocenti war ein italienischer Fahrzeughersteller, der die Lambretta erfand und von 1947 bis 1971 produzierte.


Vorgeschichte[Bearbeiten]

1922 gründete der ehemalige Schmied Ferdinando Innocenti (*1891 †1966) aus dem toskanischen Pescia in Rom eine Stahlrohrfabrik. 1931 verlegte er sein gesamtes Geschäft nach Mailand und gründete 1933 im Vorort Lambrate die größte Fabrik für nahtlose Stahlrohre. Dazu gehörte das Patent des „Innocenti-Rohrs“, einer heute noch in Italien üblichen Gerüstbauverbindung. Es gab Niederlassungen in verschiedenen Teilen der Welt und sogar eine Art Stahl- Joint-Venture in Südamerika (Siderurgica del Orinoco, SA). Mit Beginn des 2. Weltkriegs wurde die Produktion auf Kriegsgüter, wie Munitionshülsen und Fahrzeugteile, die in BMW-Lizenz gefertigt wurden, um. Analog zu den ebenfalls mit ihrer Flugzeugproduktion kriegswichtigen Piaggio-Werken in Genua wurde auch die Innocenti-Fabrik bombardiert und vollständig zerstört.


Die Lambretta[Bearbeiten]

Schon während der Kriegszeit widmete sich Innocenti dem Studium des Produkts, mit dem die Fabrik nach Ende des 2. Weltkriegs eine grundlegende Umstrukturierung erfahren sollte. Inspiriert von den amerikanischen Militärmotorrollern, die während des Krieges nach Italien kamen, und dem Verständnis der neuen Motorisierungsbedürfnisse, die der Bevölkerung in der unmittelbaren Nachkriegszeit nützlich waren, beschloss er, mit der Produktion eines Motorrollers zu beginnen.

1945 vertraut er das Projekt des neuen Fahrzeugs einem außergewöhnlichen Paar Luftfahrtingenieuren an: Pier Luigi Torre (*1902 †1989) und Cesare Pallavicino (*1893 †1976). Ersterer kümmert sich um die Mechanik und baut die Mailänder Werke wieder auf (in der Vorkriegszeit hatte er die Triebwerke des Wasserflugzeugs Savoia-Marchetti S.55A für den Transatlantikflug von Italo Balbo konstruiert), während letzterer sich um das Fahrgestell und das Design kümmert (zuvor war er bis 1935 technischer Direktor der ebenfalls metallverarbeitend in der Flugzeugindustrie tätigen Unternehmen Breda und Caproni). 1947 war der vom jungen Kunstmaler Daniele Oppi auf den Namen Lambretta getaufte Roller fertig und kam auf den Markt. Der Name „Lambretta“ leitet sich aus einer Kombination aus dem Ort Lambrate bzw. dem Fluss Lambro, der durch den Ort Lambrate mit den Produktionsstätten fließt, sowie der Bezeichnung "Motoretta" ("kleines Motorrad") ab. Das Ergebnis war ein günstiger Motorroller mit gekapselter Triebsatzschwinge und einem Stahlrohrramen. Das später bekannte Blechkleid beschränkte sich erst auf einen Spritzschutz vor den Füßen. Wie die Vespa hatte auch die Lambretta einen 2-Takt-Motor mit Öl-Benzin-Gemisch, 3 oder später 4 Gänge, mit einem Hubraum von 125 cm³, ab 1954 dann auch 150 cm³, 1957 mit 175 cm³ bis zu 198 cm³ in den letzten sechs Baujahren.

Im Gegensatz zur Vespa, die mit einem einteiligen, selbsttragenden Rahmen aus gepressten Blechen gebaut wurde, hatte die Lambretta einen Rahmen aus tragenden Stahlrohren, an denen Motor und Karosserie montiert wurden. Die ersten produzierten Modelle A bis F hatten das Merkmal der "offenen Karosserie" (nur kurze Beinschilder und Trittbleche, Kotflügel und sparsame Verkleidung des Lenkrohrs), wodurch sie sich zunächst von der vollständig verkleideten Vespa unterschieden, und deren Erscheinungsbild zum typischen Erkennungszeichen des Mailänder Rollers wurde. Aber auch die Nachfolgemodelle ab dem nun vollständig verkleideten Modell 125 LC im Jahr 1950 wurden in einer stromlinienförmigeren Version als die Vespas präsentiert; genau dieses Modell, das von Piaggio wegen seiner konzeptionellen Ähnlichkeit mit der Vespa kritisiert wurde, war so erfolgreich, dass die Lambretta ab 1957 (abgesehen von den Lui-Modellen) durchgängig mit einer "geschlossenen" Karosserie hergestellt wurde, jedoch immer mit zentral angeordnetem Motor.

Der Erfolg der Lambretta stellte sich bald ein, und schon bald vergab Innocenti neben der eigenen Produktion Lizenzen weltweit, so z.B. in Deutschland an NSU, in Spanien an Locomociones Lambretta und Serveta, in Indien an API und in Südamerika an SIAM. Basierend auf der Mechanik des Rollers produzierte Innocenti auch eine Reihe von Dreirädern, die zunächst auch Lambrettas genannt wurden, später den Namen Lambro annahmen.

Ende der 1950er Jahre wurde die Lambretta mechanisch und karosserietechnisch überarbeitet und durchlief drei Versionen (die LI-Serie), 1962 erschien die LI Serie 3 ("Scooterlinea"), die dann mit sehr wenigen ästhetischen Änderungen bis 1971 (Lambretta DL) produziert wurde. Von den Modellen der 1960er Jahre sind aufgrund ihrer gesteigerten Leistung und des raffinierten Aussehens die Modelle TV (Turismo Veloce) und SX (Special X) im Allgemeinen die gefragtesten und begehrtesten. Die TV 175 Serie 3 war der erste Roller der Welt, der eine - wenn auch per Seilzug bediente - Scheibenbremse aufwies, die 200 DL/GP Electronic nimmt schon 1970 die elektronische Zündung weit vor Piaggio vorweg.

Beide großen Motorroller-Modelle,Vespa und Lambretta, konnten leicht modifiziert werden. So gab es zahlreiche Hersteller von Zubehör und Zierrat und in den 1960er Jahren wurden die Roller mit zusätzlichen Spiegeln und Scheinwerfern verschönert, mit eigenen Lackierungsvarianten versehen oder auf andere Weise personalisiert - all dies auch im Lichte der Kulturphilosophie der englischen Mod, die in den sechziger Jahren und in einer zweiten Welle nach Erscheinen des Films „Quadrophenia“ 1979 die italienischen Roller zum Symbol der Jugendkulturrevolution jener Jahre machten. Auch heute noch werden immer neue Tuningteile entwickelt, um den betagten Motoren mehr Leistung zu entlocken oder sie technisch zu verbessern.

Das Ende der Innocenti-Lambrettas[Bearbeiten]

Nach dem Tod des Firmengrüners Ferdinando Innocenti im Jahr 1966 wurde das Unternehmen an British Leyland verkauft, die Unternehmensführung übernahm sein Sohn, Ing. Luigi Innocenti. Nach dreijährigen Streitigkeiten, Verhandlungen und Zusammenstößen zwischen den Arbeitern, der Regierung und den Gewerkschaften übernahm dann Alejandro De Tomaso zusammen mit GEPI die Werke und die Marke. Mit dem Wirtschaftsboom in Westeuropa ging ab Ende der 1950er Jahre die Nachfrage nach Motorrollern zurück, während das Auto mittlerweile für jedermann erschwinglich war. Innocenti musste daher über weite Strecken finanziell ums Überleben kämpfen und stellte 1971 die Produktion der Lambretta ein.

1972 kaufte die indische Regierung aus den gleichen Gründen, die Ferdinando Innocenti nach dem Krieg bewogen hatten, einen Motorroller zu bauen, alle Fertigungsmaschinen und stellte in der Firma Scooter India Ltd. (S.I.L.) nach Muster der DL noch bis 1997 Lambrettas her. Ersatzteile, Motorrikschas und Lastendreiräder werden bis heute bei S.I.L. gefertigt. Serveta und Orbar in Spanien fertigten ebenfalls noch bis bis Mitte der 1980er Jahre auf Basis der 3. Serie LI/SX Motorroller unter dem Namen Lince/Lynx, Serie 80 und Jet 200. Dabei wurden zum Teil technische Innovationen wie größere Scheinwerfer, Stoßdämpfer an der Gabel und Teile aus glasfaserverstärktem Kunststoff eingeführt.

Die Innocenti-Fabriken in Lambrate wurden weitgehend abgerissen und auf dem Gelände entstand ein neues Wohnviertel. Überlebt hat das Bürogebäude der Innocenti Commerciale in der Via Pitteri - umgebaut in eine Krankenpflegeresidenz für Senioren -, sowie das Gebäude des Centro Studi in der Via Rubattino, das sich derzeit in einem verlassenen Zustand befindet. Mit der Einführung strikter Umweltregelungen ist eine alte Lambretta in ihrer Heimat im Großraum Mailand kaum noch legal auf der Straße zu bewegen.

Heute ist die Lambretta Kultobjekt und Sammlerstück zugleich, und unzählige Lambretta-Clubs, verstreut auf der ganzen Welt, bewahren und pflegen den Mythos dieses historischen Rollers, der zusammen mit der Vespa unweigerlich eine Ikone des Italiens der fünfziger und sechziger Jahre darstellt.


Die Innocenti Autoproduktion[Bearbeiten]

Die „ British Motor Corporation “ (BMC) nutzte bereits 1959 die finanziellen Schwierigkeiten von Innocenti und schlug aufgrund ihrer Produktionserfahrung einen Vertrag zur Lizenzproduktion einer Austin-Limousine, dem A40, vor. Später kamen weitere modifizierte Lizenzprodukte der British Motor Corporation hinzu, aber auch eigenständige Produkte. Den Mini stellte Innocenti als Innocenti Mini ebenso her wie den Austin Allegro, der hier die Bezeichnung Innocenti Regent erhielt. Außerdem verband Innocenti im Mini Bertone die britische Technik mit einer italienischen Karosserie. Ab 1974 baute Innocenti die Nachfolger des modernisierten Minis und wurde zum drittgrößten italienischen Automobilhersteller. 1982 lief der Vertrag zwischen De Tomaso und Leyland aus. Von da an baute Innocenti Daihatsu-Motoren in seine Fahrzeuge. Ende 1986 fusionierte Innocenti mit Maserati und war für die Endmontage der Maserati Biturbo tätig, danach wurden noch Yugos in Lizenz für den italienischen Markt gefertigt. 1990 ging das Unternehmen an den Fiat-Konzern über; die Marke Innocenti wurde ab 1997 nicht mehr verwendet. Gleichzeitig mit dem Abgang des Mini Bertone im Jahr 1993 wurde das Innocenti-Werk in Lambrate, das seit 1991 teilweise an der Montage einiger Exemplare des Fiat Panda beteiligt war, endgültig geschlossen.


Modelle (nur 2-Rad)[Bearbeiten]


Museen[Bearbeiten]

Das "Motorroller- und Lambretta-Museum" von Vittorio Tessera in der Gemeinde Rodano in der Provinz Mailand ist der Lambretta gewidmet. Das Museum enthält alle Originalarchive von Innocenti und mit allen Serienmodellen, Sportmodellen und auch Motorrollern anderer Hersteller absolut einen Besuch wert.

Ein weiteres engagiertes Museum ist das „Museo meridionale della Lambretta“ in Sellia Marina in der Provinz Catanzaro.

Quellen[Bearbeiten]


Weblinks[Bearbeiten]