Benzinzufuhr - how to:fast flow: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 17. Mai 2024, 07:06 Uhr

Einleitung

Die Überprüfung und Verbesserung der Benzinzufuhr ist eine der wichtigsten Massnahmen, um einen zuverlässigen Motorlauf zu gewährleisten. Im Allgemeinen wird der Begriff "fast flow" verwendet, um eine Vergrösserung der Durchflusskanäle und Verbesserung der Strömungswiderstände zu beschreiben.

Selbst bei einer völlig originalen Vespa ist die Benzinzufuhr zum Vergaser oft schlecht, was auch bei originalen Motoren zu negativen Effekten führen kann, z.B.:

  • Schlechtes Startverhalten
  • Ruckeln bei langen Vollgasfahrten
  • Stottern und schlechter Lauf, wenn es gegen Reserve geht und der Staudruck nicht mehr ausreicht

Eine Überprüfung und Optimierung ist also auch bei einem originalen Motor durchaus empfehlenswert.

Mögliche Gründe für einen zu geringen Durchfluss:

  • gealterte, im Querschnitt verengte Schläuche
  • verstopfte Zuflüsse: Benzinhahn, Schwimmerkammersieb, Filter am Benzinhahn, Schlauch
  • Ab Werk zu kleine Durchgänge am Vergasereinlauf und im Zulauf der Düsenbohrung
  • verstopfte Tankentlüftung (Löcher an Ober- und Unterseite im Deckel)
  • Schwimmerkammerniveau ist gleich hoch oder höher als das Tankniveau (Tuningvergaser)

Grundsätzlich gilt: Der Durchfluss bzw. physikalisch korrekt "der Volumenstrom" (Volumen/Zeit) wird beeinflusst durch A) die Grösse der der Einzel-Querschnitte und B) der Strömungswiderstände (Leitungslängen) von der Tankentlüftung bis zum Zerstäuberrohr im Vergaser und natürlich C) dem Druckgefälle, sprich: der Höhe zwischen Schwimmerkammer- und Tankniveau. Prinzip: "kommunizierende Röhren". Auch die grössten Durchmesser helfen nicht, wenn kein Druckgefälle vorhanden ist! Aber: Bei sehr kleinen Differenzdrücken, wie es z.B. ab Reservestellung der Fall ist, können grosse Durchmesser das Zünglein an der Waage sein und helfen die Rohrreibung zu überwinden.

Beachte: Die Länge der Benzinleitung und die daraus resultierende Reibung an der Schlauchwand ist sehr klein und beeinflusst den Benzinfluss nur unwesentlich, obwohl häufig das Gegenteil auf Video-Onlineplattformen suggeriert wird! - Viel schwerer wiegen die möglichen Engstellen im Vergaser oder dem (originalen) Benzinhahn.

Auch ob die Leitung erst hoch und dann wieder runtergeht spielt bei gefüllter Leitung keine Rolle, vergl. "kommunizierende Röhren" - jedoch können sich im "Höcker" Luftblasen hartnäckiger halten.

Dennoch sollte darauf geachtet werden, das die Leitung nicht zu lange ist, da sie sonst zum Knicken neigt oder eingeklemmt wird (z.B. Öltank b. Getrenntschmierung). Grundsätzlich ist eine Länge gut, bei der man den Tank mit eingebautem Motor noch gerade so bequem herausheben kann und an den Schlauch zum abziehen kommt.

Das "schwächste Glied" der Kette bestimmt die Durchflussgeschwindigkeit und das sind meist die teilweise sehr kleinen Öffnungen im Benzinhahn und im Vergaser selbst. Auch die sehr kleine(n) Entlüftungsbohrung(n) am Deckel spielen eine Rolle. Die Benzinhähne selbst wurden über die Jahrzehnte von unterschiedlichen Herstellern an Piaggio geliefert und unterscheiden sich zum Teil in den Durchmessern minimal.

Nachfolgend sind die Teile der Benzinzufuhr und mögliche Engstellen schematisch (und rudimentär) dargestellt:

Schema Benzinzufuhr.jpg







Abhilfe: Erhöhung der Durchflussmenge

Die folgenden Massnahmen sollten mindestens durchgeführt werden:
  1. Entlüftung im Tankdeckel reinigen und durchblasen, ggflls. zusätzliche kleine Bohrungen setzen (Beachte: Zu grosse Bohrungen führen zu dauerndem Sabbern!)
  2. Benzinhahn: Ausbauen, feste Rückstände entfernen, Dichtung erneuern, ggflls. durch ein Gebrauchtteil mit grösseren Kanälen ersetzen
  3. Benzinschlauch: Erneuern durch Markenware mit Innendurchmesser von mindestens 6, besser 7mm und Aussendurchmesser von min. 13mm (Knickfestigkeit!)
  4. Schlauchanschlussstück am SI Vergaser auf Verengungen aufgrund von Gussresten prüfen; auch hier gab es über die Jahre verschiedene Durchmesser

Hinweis: Hochwertige Benzinschlauche nach DIN 73379-2A bestehen aus Superkraftstoff/E10-beständigem Gummmi mit Gewebeeinlagen, schrumpfen über die Jahre nicht und knicken bei grossem Aussendurchhmesser (7,3 mm x 13,5 mm) auch nicht. Der Schlauch besteht innen und aussen aus verschiedenen Gummiarten, die den Bedingungen angepasst sind (benzinfest/hitzebeständig). Grundsätzlich sind natürlich auch die sogenannten "originalen" durchsichtige Schlauche verwendbar, diese haben bis auf minimales Schrumpfen keine Nachteile. Leider sind die grünen Originale seit einiger Zeit nicht mehr von Piaggio lieferbar.

Weitere Massnahmen für getunte Motoren:
  1. Verwendung eines fastflow Benzinhahnes mit vergrösserten Querschnitten (SIP, SCK, KR Autom., selbstgemacht)
  2. Vergrösserung der Bohrung aus der Schwimmerkammer in den Düsenstock (2.5-3mm), ausserdem kl. Ausfräsung nach unten, um das Volumen bis zum Schwimmerkammerboden nutzen zu können
SI Schwimmerkammer tuned.jpg
  1. Vergrösserung der Bohrung zur Schwimmerkammernadel (scharfer Bohrer!; u.U. grössere Nadel erforderlich) - bis 221ccm mit Si26 ist das im Normalfall nicht notwendig

Im Allgemeinen reicht es bei Tuningstufen bis Malossi 221ccm, Si26 Trichter und Boxauspuff aus, einen originalen Hahn wie unten dargestellt zu modifizieren. Da die Dichtungen der verschiedenen Original-Hähne variieren und meist nur mühsam zu beschaffen und zudem teils von fragwürdiger Qualität sind, ist es ratsam, die sehr günstigen Benzinhähne der Zulieferer zu verwenden (z.B. RMS ca. 10€). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Durchmesser im Hahn und Schliessstück 5.0 oder 5.5mm sind. Wichtiger ist, dass am Ende möglichst viele Engstellen in der Kette beseitigt sind.

Prüfen sollte man beim SI Vergaser bei der Gelegenheit, ob das Schwimmerkammeroberteil nicht wie fast immer verzogen ist und Luft eindringen bzw. Sprit nach aussen kann. Am besten die alte Dichtung weiterverwenden! Gerne verziehen sich auch Neuteile sehr schnell, wenn dicke und verhältnismässig stark komprimierbare Dichtungen (meist mit "Note 1" oer "premium" angepriesen) verwendet werden und die beiden Halteschrauben entsprechend stark angezogen werden. Überigens neigen auch die Vergaser an der Hauptdichtfläche zu Verzug, wenn diese "Premium"-Dichtungen verwendet und die M7 Muttern zu stark angezogen werden. Am Besten bleibt man darum bei den originalen Dichtungen!

SI 24 Deckel.jpg







Es gibt verschiedene Stutzen mit unterschiedlichen Durchmessern. Ein Aufbohren auf maximal D=5mm ist empfehlenswert und einfach umzusetzen:

SI Benzinstutzen tuned.jpg






Der Schwimmerkammer-Einlass (vor allem bei sehr alten Vergasern) ist teilweise eng und hat manchmal auch Grate (innen), die den Durchfluss stören:

SI Einlass Schwimmerkammerstutzen.jpg





Eigenbau - "Fastflow" - Benzinhahn

Als Basis kann ein alter originaler (sofern probat) oder ein neuer Benzinhahn aus dem Zubehör dienen. Zumindest für Tunings auf Basis des Si-Vergasers sollte das ausreichend sein. Ganze frühe PX-Benzinhähne mit Blechsieb sind ungeeignet. Eebenso, wenn das Plastiksieb schon so gecshrumpft und verzogen ist, dass es nicht mehr richtig hält.

Zuerst zieht man das Sieb und alle Messingrohre vorsichtig mit einer Zange unter leichten Drehbewegungen ab. Die Zange sollte keine scharfe Kanten oder Zähne haben um das Messing nicht zu verletzen oder zu verbiegen. Etwas dickes Klebeband hilft hier.

Nun muss die Entlüftungsbohrung verschlossen werden, dazu entweder ein M7 Gewinde schneiden und einen abgesägten alten M7 Stehbolzen mit Gewindedichtung eindrehen oder das Entlüftungsrohr selbst sauber kürzen, am Ende verquetschen und verlöten, damit es 100% dicht ist. Ansonsten ist der Benzinhahn nicht schliessbar!

Das "Normalstellungsröhrchen" (auf ihm steckt das Sieb) hat original einen sehr kleinen Innen-Durchmesser von unter 4mm. Das Loch für die Normalstellung wird nun vorsichtig mit einem scharfen (!) Bohrer auf den Durchmesser des Entlüftungsröhrchen (6mm ) erweitert. Die Bohrung sollte min. 10mm tief sein, da die Wandstärke im oberen Bereich nicht sehr dick ist. Die Entlüftungsrohre passen exakt in die 6mm Bohrung und klemmen dort perfekt. Man kann zusätzlich "Fügen Welle Nabe" oder Schraubenkleber zur Fixierung verwenden, wenn die Bohrung nicht sauber gesetzt wurde und das Rohr wackelt. Zuvor sollte das Rohr so gekürzt werden, dass es gerade so oben aus dem Sieb herausschaut und man die Klammer noch ansetzen kann. Bei manchen Benzinhähnen klemmt das Sieb aber auch ohne die Klammer, dann kann das Rohr noch kurzer ausfallen, um weniger Reserve zu haben. Wer die Klammer verwendet und trotzdem weniger Reserve haben möchte, kann eine Querbohrungen im oberen Teil des Röhrchens setzen.

Die "Reservestellung"-Bohrung sollte überprüft werden, ob sie etwa 5mm Durchmesser hat. Wenn nicht, sollte sie aufgebohrt werden. Ebenso der Schlauchstutzen. Wer will kann sich noch mit Dremel und Rundkopffräser an die Durchgänge des Drehschiebers machen und diese erweitern/verrunden. Bei den neueren Zubehörteilen sollte dies aber nicht nötig sein, da diese meist einen ausreichenden Durchmesser haben.

Selbstredend sollte man peinlichst genau alle Grate und Kanten entfernen! Vor allem neue Benzinhähne haben oft die Überreste vom Bohren im Innern!

Mnachmal kommt trotzdem erstmal kein Benzin, vor allem wenn man nahe Resreve ist. Dann hilft es wenn man die Luft am oberen Ende der Schwimmerkammer (Chinesenhut) entweichen lässt. dazu einfach die Schlitzschraubenlösen und den "Chinesenhut" mit den Fingern nach unten drücken. Schraube zu, wenn Benzin kommt - fertig.

Fragen und Antworten

Hier noch als Ergänzung die Klärung der immer wiederkehrenden Frage:

Frage: Macht es hinsichtlich Durchflusswiderstand einen Unterschied ob mein originaler 7.5mm-Benzinschlauch 60cm oder 80cm lang ist?
Antwort: -> Nein! Worauf man achten sollte ist allerdings, dass der Schlauch beim Einbau des Tanks nicht knickt. Die Gefahr ist bei Getrenntschmierung wegen des Öltank größer als bei Fahrzeugen ohne Öltank.

Warum?

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Kommunizierende_Röhren
  2. Der Effekt der Rohrreibung ist so verschwindend klein, dass er sich nicht einmal bei einem 250cm langen Schlauch bemerkbar macht, wie Tests zeigen:

Entscheidend ist die Differenzhöhe zwischen Spritstand im Tank und Ausflusshöhe in den Vergaser! Aus dieser resultiert die "treibende" Kraft. Da bei der Vespa der Tank und Vergaser fast auf einer Höhe sitzen und die Differenzhöhe Spritstand-zu-Vergaserhöhe in Richtung Reserve immer kleiner wird, fehlt irgendwann der Druck! Alle Strömungswiderstände, wie z.B. das dünne "Normalstellung"-Röhrchen, kleine Bohrungen mit scharfen Kanten und das Entlüftungsrohr machen sich dann stärker bemerkbar. In manchen Fällen, z.B. bei alten originalen Hähnen mit Blechfilter, kommt sogar fast nichts mehr heraus und wenn, dann üblicherweise nur schubweise!

Die folgenden 3 Versuche zeigen das:

Grundsätzlich sollte die Ausflusshöhe bei einem Test auf der selben Höhe sein wie am Vergaser und der Schlauch ausserdem nicht nach unten zeigen! Ansonsten sind die Tests wenig aussagekräftig, da die treibende Kraft des "herabfallenden" Benzins zusätzlich "zieht"!

  • Schlauch wie original, Di=7.5mm
  • Füllstand etwa knapp 2 Liter (kurz vor Reserve)
  • Ausfluss fast waagerecht auf Höhe des Vergaserstutzens
  • Gemessen mit 1.5L Fuelfriend
  • pro halber Liter die Zeit gestoppt
Versuch Benzinhahn Schlauchlänge Ergebnis
1. original ca. 60cm Sprit braucht eeeewig und kommt nur schubweise mit gluckern,
ab Reserve wird es noch weniger
2. gepimpt ca. 60cm Sprit kommt kontinuierlich bis
kurz vor Schluss mit ca. 0.5L/min
3. gepimpt 60cm + 190cm
(5mm Verbinder)
Sprit kommt kontinuierlich bis
kurz vor Schluss mit ca. 0.5L/min

Der verlängerte Schlauch wurde für den Test etwa auf Höhe Vergaser und an den Rand des Kanisters gehalten und nur fürs Bild in den Kanister gesteckt:

Durchflusstest: modifizierter Benzinhahn


Wichtig: Man sollte bei so einem Test darauf achten, den Schlauch nicht nach unten zu halten, wie das in einigen Videos gemacht wird, denn dann läuft das natürlich ruckzuck durch (sofern die Tankentlüftung nachkommt) - realistisch ist das aber nicht, weil der Differenzdruck Spritstand-Ausflusshöhe so natürlich deutlich grösser ist und der "herabfallende" Sprit quasi "nachsaugt"!

Vergleich gekaufter Fastflow

hier noch zum Vergleich die Ausflussgeschw. eines "echten" Fastflow, der nochmal etwas grössere Bohrungen um den Drehschieber hat:

Benzinhahn SIP vs alter Paioli.jpg
  • Tankinhalt 3 L
  • Reserve Stellung
  • 1.5l abgelassen und alle 0.5l die Zeit gestoppt.
  • Tankdeckel zu, 3 kleine Entlüftungsbohrungen
  • Ausfluss exakt auf Benzinstutzenhöhe, aus dem original Schlauch über ein Winkelstück mit D=5mm in einen 7mm Schlauch der waagerecht liegt.
Durchflusstest: gekaufter fast-flow

Ergebnis:

  1. 51s/0.5l
  2. 54s/0.5l
  3. 58s/0.5l

Zum Ende hin wird es langsamer wie erwartet. Und sogar gleich langsam wie beim Eigenbau Fastflow (ca. 60s/0.5l) - da waren zu Beginn aber auch nur 2L drin, also auch etwas weniger Druck als beim echten Fastflow-Hahn.

Es macht also in dieser Konstellation offensichtlich keinen wirklichen Unterschied ob Eigenbau oder Kaufteil!

Siehe auch

Forentopics: