Wuchtfaktor: Unterschied zwischen den Versionen

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Baut man sich stattdessen nun in denselben Motor z.B. ein BGM177 Kit ein, dessen Form-optimierter Kolben nur 157g  wiegt (Bolzen = 31g), dazu eine Pinasco „Tour“ Kurbelwelle (1767g) mit optimiertem Pleuel (obere Hälfe = 47g), beträgt das Gesamtgewicht der translatorischen Massen nur 257g und ist damit nur 22g schwerer als original aber ganze 32g leichter als die Parmakit Variante!
Baut man sich stattdessen nun in denselben Motor z.B. ein BGM177 Kit ein, dessen Form-optimierter Kolben nur 157g  wiegt (Bolzen = 31g), dazu eine Pinasco „Tour“ Kurbelwelle (1767g) mit optimiertem Pleuel (obere Hälfe = 47g), beträgt das Gesamtgewicht der translatorischen Massen nur 257g und ist damit nur 22g schwerer als original aber ganze 32g leichter als die Parmakit Variante!
== Ermittelte Gewichte und Wuchtfaktoren ==
tbd


== Quellen: ==
== Quellen: ==

Version vom 21. Januar 2023, 23:01 Uhr

Theoretische Einführung

Ein Einzylinder Motor erzeugt wie jeder Motor beim Beschleunigen und Verzögern des hin- und herfahrenden Kolbens unangenehme Massenkräfte in Richtung der Zylinderachse. Diesen Massenkräften gegenüber stehen die beiden asymmetrischen Kurbelwangen, die mit ihrer dem Pleuellager gegenüberliegenden Masse, die Masse des Kolbens mehr oder weniger gut ausgleichen. Der Wuchtfaktor ist eine von der Kurbelwellenform abhängige Größe und beschreibt, wieviel der hin- und herlaufenden Kolbenmasse mit Hilfe der "Gegengewichte" der Kurbelwelle ausgleichen wird. Doch nicht nur die reine Kolbenmasse spielt eine Rolle, alle sogenannten „oszillierenden“ oder auch „translatorischen“ Massen müssen bei der Bestimmung des Wuchtfaktors berücksichtigt werden. Zu den oszillierenden/translatorischen Massen gehören:

  • der Kolben
  • die Kolbenringe
  • der Pleuellagerbolzen (Kolbenbolzen)
  • das obere Pleuellager
  • die obere Hälfte des Pleuels

Der Wuchtfaktor entscheidet dabei nicht unbedingt darüber, ob ein Motor vibriert oder nicht, sondern hauptsächlich darüber in welche Richtung der Motor vibriert: Mehr quer zur Zylinderachse oder mehr in Längsrichtung[1]. Denn bei einem Einzylinder Motor ohne Ausgleichswelle können die oszillierenden Massen nicht vollständig ausgeglichen werden, da sich die Kurbelwelle nun mal dreht und der Kolben oszilliert! Nur kurz vor und nach dem oberen bzw. unteren Totpunkt "zieht" das Ausgleichsgewicht der Kurbelwelle (die asymmetrischen Wangen) annähernd gegen die Kolbenlaufrichtung. Würde man die oszillierenden Massen mit Hilfe der Kurbelwangenmasse maximal ausgleichen, z.B. durch eingesetzte Wolframgewichte, würde in Zylinderachsenrichtung zwar nur sehr wenig vibrieren, aber jede 90° Drehung später würde die sehr schwere Masse der Kurbelwangen starke Vibrationen quer zur Zylinderachse verursachen. Es kann also nur ein bestmöglicher Kompromiss angestrebt werden. Dies bedingt einerseits viel Erfahrung beim Motorenbau, andererseits ist es auch Geschmacksache: Den einen stören mehr horizontale Vibrationen, den anderen eher die vertikalen. Ein Rolle spielt dabei auch die Zylinderausrichtung (Smallframe vs. Largeframe).

Ermittlung des Wuchtfaktors

Zuerst benötigt man das sogenannte Einhängegewicht, das allein von der Form und Masse der Kurbelwelle abhängt. Das Einhängegewicht wird ermittelt, indem man die Kurbelwelle auf einen möglichst reibungsarmen Wuchtbock setzt und das Pleuelauge solange mit Gewichten beschwert, bis die Kurbelwelle in jeder Position stehen bleibt. Dieses Einhängegewicht sollte auf 0.1g präzise ermittelt werden.

Ist das sogenannte Einhängegewicht ermittelt, kann der Wuchtfaktor über die folgende Formel ermittelt werden:

Wuchtfaktor *100 [%] = (Einhängegewicht + halbes Pleuelgewicht) / translatorische Masse

Einfache Wuchtböcke kann man sich aus Stahl und vier Lagern mit möglichst kleinem Durchmesser bauen (Da < 20mm). Aus den Lagern muss das Fett und jeglicher Dreck entfernt werden, damit das Losbrechmoment möglichst klein wird. Mit Messerscheiben oder zwei im Wasser ausgerichtete Haarlineale, auf denen die Welle abrollt, lassen sich die genauesten Messwerte erzielen.

Vermeidung von Vibrationen

Wie stark ein Motor zu Vibrationen neigt, hängt von vielen Faktoren ab, grundsätzlich kann aber gesagt werden, dass "die Quelle allen Übels" (im Verhältnis zur Kurbelwelle) zu schwere translatorische Massen (Kolben usw.!) sind.

Das oberste Ziel zur Vibrationsvermeidung muss also sein: Die oszillierenden Massen müssen möglichst klein sein - Denn wo nichts angeregt wird, vibriert auch nichts!

Folgende Maßnahmen werden im Allgemeinen ergriffen:

  • Der Kolben muss möglichst leichte und trotzdem stabil sein: Schmiedekolben haben z.B. ein sehr gutes Gewichts-/Festigkeitsverhältnis und zählen darum zu den leichtesten (und teuersten). Viele Tuningkitanbieter haben ihre Kolben bezüglich Stabilität und Form so optimiert dass sie möglichst leicht sind
  • Kolbenringe aus Guss sind aus Stabilitätsgründen breiter und damit deutlich schwerer als solche aus Stahl (ganz abgesehen von den schlechteren Gleiteigenschaften). Gute (Racing-) Kolben haben darum fast immer Stahlringe
  • Kolbenbolzen: Müssen maximal leicht und trotzdem stabil sein, denn sie übertragen die ganze Kraft! Hier kann viel Gewicht eingespart werden, denn die Dichte von Stahl ist fast dreimal so hoch wie die von Alu! Das Ziel ist, sie so kurz wie möglich zu machen, spezielle Kolbenformen mit unterbrochenem Kolbenhemd und zurückversetztem Kolbenbolzenlager sind die logische Konsequenz (siehe z.B. Malossi 210, BGM 177, VMC177, usw.). Auch mit bikonischen Kolbenbolzen lässt sich einiges an Gewicht sparen! Ihnen fehlt dort Material wo die Belastung es zulässt.
  • Pleuellager: Es gibt Nadellager mit unterschiedlicher Anzahl an Nadeln und manche Käfige sind etwas filigraner ausgeführt als andere. Das Nadellager hat trotz Stahl als Werkstoff eine relativ geringe Masse und viel kann hier nicht eingespart werden. Da auch das Nadellager hochbelastet ist, empfiehlt es sich „nicht am falschen Ende“ zu sparen!
  • Pleuel: Die obere Pleuelhälfte wird vereinfachend den oszillierenden Massen zugeordnet, in logischer Konsequenz ist auch das Pleuel, möglichst leicht auszuführen, denn es ist ebenfalls aus Stahl

Ein weiteres Ziel muss zudem sein, die Kurbelwelle möglichst so zu gestalten, dass gegenüber dem unteren Pleuellager möglichst viel ausgleichende Masse sitzt und beide Kurbelwangen möglichst symmetrisch sind. Letzteres ist bedingt durch den Drehschiebereinlass nicht möglich, weshalb an der vorgezogenen Drehschieberwange seit den 60er Jahren mehr oder weniger große Fenster integriert sind. Vor allem bei Tuningkits mit den aufgrund des größeren Durchmessers schwereren Kolben, wäre eine massiver ausgeführte Kurbelwelle wünschenswert, ist aufgrund der beengten Platzverhältnisse im originalen Kurbelgehäuse aber nur schwer zu realisieren. Als Ausnahmen können hier die als sehr laufruhig geltende GS160 und die PX125 T5 genannt werden, bei denen PIAGGIO scheinbar genau dieses Problem in Angriff genommen und sehr massive Kurbelwellen konstruiert hat. Aus o. g. Gründen muss man sich im Extremfall z.B. mit eingepressten Wolframgewichten (2.5-fache Dichte von Stahl) behelfen. Ganz abgesehen von den oszillierenden Massen macht es Sinn, die drehenden Massen möglichst so groß zu machen, dass ein oszillierender Kolben nur einen sehr geringen Einfluss hat. Man stelle sich eine Mühlrad-große Vollwangenkurbelwelle vor, an der ein V50N Kolben hängt: Dessen Masse ist im Verhältnis zur „Kurbelwelle“ so klein, dass man, ganz unabhängig vom Wuchtfaktor, praktisch keine Vibrationen spüren würde. Bezogen auf einen Vespa-Motor heißt das, dass man die Massen der Kupplung (ca. 1090-1350g)[2] und die Masse des Lüfterrades (ca. 1200- 2900g)[3] in seine Überlegungen mit einbeziehen muss: Ein Lüfterrad das z.B. sehr leicht ist, begünstigt Vibrationen und einen unrunden Motorlauf, ein sehr schweres hat wiederum einen dämpfenden Effekt. Hier kommt jedoch ein negativer Effekt zum Tragen: Masse kostet Leistung! Aus diesem Grund wird jeder, der auf der Suche nach Leistung ist, versuchen das Gewicht des Lüfterrades zu verkleinern. Darum muss auch hier gemäß den eigenen Vorlieben ein Kompromiss gefunden werden.

Um eine Eindruck der Verhältnisse zu bekommen, sind nachfolgend einige Vespa-typische Gewichtsbeispiele [4] aufgeführt: Largeframe, Smallblock (PX125 etc.) Ein PX125 Kolben wiegt ohne alles 123g, mit zwei Guss-Kolbenringen (14g), Bolzen (33g), Lager (11g), zwei Clipse (1g) und dem halben Pleuel (53g) beträgt das Gesamtgewicht der translatorischen Massen 235g. Die Gesamtmasse der originalen Piaggio Kurbelwelle liegt bei 1834g, der Motor läuft im Allgemeinen sehr kultiviert und vibrationsarm.

Durch Umbau auf ein Parmakit-Tuningkit mit 177ccm steigt durch den größeren Kolbendurchmesser die Kolbenmasse auf 180g, die zwei Stahl-Kolbenringe sind etwas leichter mit 11g, der Bolzen ist etwa gleich lang und schwer (33g), Lager (11g), zwei Clipse (1g) und das halbe Pleuel mit 53g bleiben gleich. Das Gesamtgewicht der translatorischen Massen beträgt nun 289g und damit 54g oder 19% schwerer als original! Die Masse der Kurbelwelle bzw. der „Gegengewichte“ bleibt gleich, in logischer Konsequenz wird der Motor etwas mehr vibrieren.

Baut man sich stattdessen nun in denselben Motor z.B. ein BGM177 Kit ein, dessen Form-optimierter Kolben nur 157g wiegt (Bolzen = 31g), dazu eine Pinasco „Tour“ Kurbelwelle (1767g) mit optimiertem Pleuel (obere Hälfe = 47g), beträgt das Gesamtgewicht der translatorischen Massen nur 257g und ist damit nur 22g schwerer als original aber ganze 32g leichter als die Parmakit Variante!

Ermittelte Gewichte und Wuchtfaktoren

tbd

Quellen:

  1. Ludwig Apfelbeck - Wege zum 4Takt Hochleistungs-Motor S. 160
  2. Gewichte: Eigene Messung Freakmoped
  3. Gewichte: Eigene Messung Pholgix
  4. Gewichte: Eigene Messung Pholgix