Aufladung am Zweitaktmotor (Turbo): Unterschied zwischen den Versionen

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Umkehrschluß: Wenn man am Strand (Meereshöhe) unterwegs ist, hat man mehr Leistung (Nebenbei: Dies ist von der Natur so vorgesehen, damit die schicken Leistungswheelies vor den süßen Bikini-Girls auch 100%ig klappen)!
Umkehrschluß: Wenn man am Strand (Meereshöhe) unterwegs ist, hat man mehr Leistung (Nebenbei: Dies ist von der Natur so vorgesehen, damit die schicken Leistungswheelies vor den süßen Bikini-Girls auch 100%ig klappen)!
Was passiert jetzt, wenn ich mit meinem Roller unter den Meeresspiegel fahre? Der Motor schluckt Salzwasser und geht kaputt. Klar, aber theoretisch könnte man doch mit noch dichterer Luft die Leistung weiter steigern, oder!?  
Was passiert jetzt, wenn ich mit meinem Roller unter den Meeresspiegel fahre? Der Motor schluckt Salzwasser und geht kaputt. Klar, aber theoretisch könnte man doch mit noch dichterer Luft die Leistung weiter steigern, oder!?  
Richtig! Ein Turbolader macht genau das! Er erlaubt es, noch dichtere Luft im Motor zu haben als auf Meereshöhe.  
Richtig! Ein Turbolader macht genau das! Er erlaubt es, noch dichtere Luft ins Kurbelgehäuse zu fördern als auf Meereshöhe.  


Der Turbolader ist nun auf Betriebsdrehzahl und drückt mit beispielweise 0,6 Bar ins Kurbelgehäuse. Was passiert?  
Der Turbolader ist nun auf Betriebsdrehzahl und drückt mit beispielweise 0,6 Bar ins Kurbelgehäuse. Was passiert?  
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Die Gemischaufbereitung selbst kann, je nach verwendetem System, kniffelig werden...
Die Gemischaufbereitung selbst kann, je nach verwendetem System, kniffelig werden...


Nicht zu verachten ist auch die Tatsache, dass ein Turbolader reichlich geschmiert werden muss. Es muss also Öl unter Druck zur Verfügung stehen. Beim Viertakter mit seinem Schmierkreisluaf stellt das kein großes Problem dar, beim Zweitakter schon eher. Hier muss ein entsprechend autonomer Ölkreislauf mit einer extra Ölpumpe (meist elektrisch) aufgebaut werden.  
Ein Turbo würde übrigens auch ohne Resonanzrohr nur durch den erhöhten Abgasgegendruck funktionieren, jedoch macht das aus zwei Gründen wenig Sinn:
1. Ein Turbolader benötigt eine gewisse "Motor-Grundleistung", um überhaupt funktioneren zu können und die ist bei unseren Kleinmotoren ohne einen Resonanzauspuff nicht zu erreichen (dazu später mehr!)
2. Einen Turbo an ein Triebwerk ohne Resonanzauspuff zu montieren, um dann damit (vielleicht)bei der gleichen Leistung zu landen wie mit einem Resonanzauspuff alleine, ist irgendwie...naja...ihr wisst schon.
 
Nicht zu verachten ist die Tatsache, dass ein Turbolader reichlich geschmiert werden muss. Es muss also Öl unter Druck zur Verfügung stehen. Beim Viertakter mit seinem Schmierkreislauf stellt das kein großes Problem dar, beim Zweitakter schon eher. Hier muss ein entsprechend autonomer Ölkreislauf mit einer extra Ölpumpe (meist elektrisch) aufgebaut werden.  


Noch eine kleine Anmerkung zum Membraneinlass beim aufgeladenen Zweitakter: Die Membranplättchen verhalten sich nicht signifikant anders als bei einem Motor ohne Turbo. Die Luftdichte hat nämlich vor ''und'' nach den Plättchen zugenommen, sie müssen also nicht mehr Druckdifferenz ertragen als sonst auch.
Noch eine kleine Anmerkung zum Membraneinlass beim aufgeladenen Zweitakter: Die Membranplättchen verhalten sich nicht signifikant anders als bei einem Motor ohne Turbo. Die Luftdichte hat nämlich vor ''und'' nach den Plättchen zugenommen, sie müssen also nicht mehr Druckdifferenz ertragen als sonst auch.

Version vom 11. Januar 2006, 20:07 Uhr

Basiswissen Motoraufladung

Um erstmal einen Einstieg in die Materie zu bekommen ist der hier bei Wikipedia abgefasste Artikel zu empfehlen.

Motoraufladung allgemein


In unserem Fall ist speziell das Prinzip der Aufladung per Turbolader oder auch Abgasturbolader (ATL) interessant.

Prinzip des Abgasturboladers


Es ist ratsam, sich das das Basiswissen anzueignen, da im weiteren Verlauf des Artikels darauf aufgebaut wird.


Aufladung am Zweitaktmotor

Eine Aufladung an Zweitaktmotoren ist erstmal nichts Besonderes, speziell bei großen Dieselzweitaktern (Schiffsmotoren) mit Ventiltrieb ist eine Zwangsbeatmung über einen Lader sogar fester Bestandteil des Motorkonzepts.

Jedoch verwenden wir in unseren Rollern (glücklicherweise) keine Schiffsdiesel, sondern Otto-Zweitakter mit Kurbelgehäusepumpe und Schnürlespülung, auch Umkehrspülung genannt.


Und schon wird es interessant

Wie soll man beginnen? Am besten mit etwas, was viele Zweitaktinteressierte vielleicht schon einmal erlebt haben (Namen sind natürlich frei erfunden!):


Clubabend, 22.34 Uhr, Sixpack alle...

Torben Hendrik: "Hey Maria, was hälst du davon, wenn ich meine Mühle mit nem Turbo aufladen würde? Wär doch der Hammer, oder? Richtig Leistung! Nächsten Winter probier ich das mal!"

Maria: "Du Volldepp! Wie soll das denn gehn? Bei unseren Motoren sind doch immer Überströmer und Auslass gleichzeitig offen! Raffst du immer noch nicht, wie ein Zweitakter funktioniert? Da geht der ganze Druck verloren...hastn riesen Verbrauch und der Bock hat kein Fohlen mehr als vorher! Lass den Scheiß und spar lieber auf einen Ionen-Benzinfilter! DAS bringt Leistung!"

Torben Hendrik: "Mmmmh... so genau wie du hab ich mir das noch gar nicht durchgedacht. Hast recht, das kann ja gar nicht funktionieren. Nee du...dann laß ich das mal lieber."


So (oder so ähnlich) sind wohl die meisten Ambitionen, seinen Schnürle-Zweitakter per Turbo aufzuladen, schon im Keim erstickt worden. Zugegebenerweise gibt es zu diesem sehr speziellen Anwendungsfall der Aufladung auch recht wenig Informationsmaterial, so ist es auch kaum zu verübeln, dass sich Halbwissen und Gerüchte recht hartnäckig halten (Der Verfasser schließt sich da selbst nicht aus!).


Weg von den Gerüchten, hin zu den Fakten

Auch Schnürle-Zweitakter mit Kurbelgehäusepumpe kann man aufladen und dadurch einen erheblichen Leistungzuwachs erzielen, egal ob Drehschieber- oder Membrangesteuert.

Wenn man es genau nimmt, fahren viele da draußen auch schon jetzt mit einer Aufladung herum. Der gerne wegen seiner leistungssteigernden Wirkung verbaute Resonanzauspuff macht nämlich nichts anderes, als den Motor "von hinten" aufzuladen (das Prinzip ist hier sehr schön erläutert). Der Resonanzauspuff saugt durch seine spezielle Form mehr Gemisch durch den kompletten Motor durch, als es vom Hubraum her eigentlich sein sollte und schiebt es während der Resonanz im richtigen Moment wieder in den Zylinder zurück. Vereinfachtes Beispiel: Ein 200cm³ Zylinder wird in der Reso mit 240cm³ Gemisch gefüllt -> sein Luftaufwand (Masse der tatsächlich durchgepumpten Luft im Verhältnis zur theoretischen, hubraumbezogenen Masse) liegt somit über 100%, was typisch für eine Aufladungsanwendung ist. Jetzt wissen wir, warum so mancher Rennzweitakter auch schon ohne Turbolader in seiner spezifischen Leistung verdammt gut da steht!


Zurück zur "externen" Aufladung.

Eine bekannte Situation: Man fährt beim chilenischen Anden-Cannonball mit und auf 7300m kommt man kaum noch über den Pass (trotz 35 PS und Ionen-Benzinfilter). Der Motor verliert richtig Leistung! Warum? Die Antwort liegt auf der Hand: Die Dichte der Luft hat gegenüber Bottrop deutlich abgenommen, der Motor hat in einer Kurbelgehäusefüllung nicht mehr soviel Sauerstoff zur Verfügung wie üblich (...zusätzlich fettet der Vergaser noch an, aber auch wenn man umdüst, kommt die Leistung nicht wieder).

Umkehrschluß: Wenn man am Strand (Meereshöhe) unterwegs ist, hat man mehr Leistung (Nebenbei: Dies ist von der Natur so vorgesehen, damit die schicken Leistungswheelies vor den süßen Bikini-Girls auch 100%ig klappen)! Was passiert jetzt, wenn ich mit meinem Roller unter den Meeresspiegel fahre? Der Motor schluckt Salzwasser und geht kaputt. Klar, aber theoretisch könnte man doch mit noch dichterer Luft die Leistung weiter steigern, oder!? Richtig! Ein Turbolader macht genau das! Er erlaubt es, noch dichtere Luft ins Kurbelgehäuse zu fördern als auf Meereshöhe.

Der Turbolader ist nun auf Betriebsdrehzahl und drückt mit beispielweise 0,6 Bar ins Kurbelgehäuse. Was passiert? Die Füllung, also Sauerstoffanteil und Kraftstoffanteil nehmen deutlich zu, die Vorverdichtung erhöht sich. Nun folgt die Spülung. Diese läuft heftiger und gründlicher ab (weniger Altgas im Zylinder), es kommt zu Spülverlusten... Und hier sind wir an dem oft diskutierten Punkt angekommen. Die Spülverluste bei Aufladung sind sicherlich nicht geringer als bei einem normal beatmeten Motor, jedoch sind sie im Verhältnis zur Füllungssteigerung auch nicht viel größer! Der aufgemotzte Durchsatz sorgt nämlich für eine entsprechend aufgemotzte "Antwort" des Resonanzauspuffs (rücklaufende Welle). Parallel erhöht sich im ganzen Auspuff der Abgasgegendruck, schliesslich müssen auf einmal wesentlich mehr Luftmoleküle durch die enge Turbine am Ende des Auspuffs.

Kurz gesagt...da geht hinten nicht alles verloren! Wird aufgeladen, so sorgen mitwachsender Abgasgegendruck und Resonanzeffekt für entsprechenden "Rückhalt". Die Zylinderfüllung steigt und damit die Leistung!

Es ist natürlich klar, dass die veränderten Druckverhältnisse die Resonanzdrehzahl des Auspuffs nach hinten verschieben und dort Anpassungen notwendig sind. Auch die Abstimmung des Abgasgegendrucks ist bei einer Turboaufladung sehr wichtig: Zu wenig Gegendruck und der Lader arbeitet nicht, zu viel und man hat ein Loch im Kolben...letztendlich ist dies aber bei einem normalen Resonanzauspuff auch nicht anders. Die Gemischaufbereitung selbst kann, je nach verwendetem System, kniffelig werden...

Ein Turbo würde übrigens auch ohne Resonanzrohr nur durch den erhöhten Abgasgegendruck funktionieren, jedoch macht das aus zwei Gründen wenig Sinn: 1. Ein Turbolader benötigt eine gewisse "Motor-Grundleistung", um überhaupt funktioneren zu können und die ist bei unseren Kleinmotoren ohne einen Resonanzauspuff nicht zu erreichen (dazu später mehr!) 2. Einen Turbo an ein Triebwerk ohne Resonanzauspuff zu montieren, um dann damit (vielleicht)bei der gleichen Leistung zu landen wie mit einem Resonanzauspuff alleine, ist irgendwie...naja...ihr wisst schon.

Nicht zu verachten ist die Tatsache, dass ein Turbolader reichlich geschmiert werden muss. Es muss also Öl unter Druck zur Verfügung stehen. Beim Viertakter mit seinem Schmierkreislauf stellt das kein großes Problem dar, beim Zweitakter schon eher. Hier muss ein entsprechend autonomer Ölkreislauf mit einer extra Ölpumpe (meist elektrisch) aufgebaut werden.

Noch eine kleine Anmerkung zum Membraneinlass beim aufgeladenen Zweitakter: Die Membranplättchen verhalten sich nicht signifikant anders als bei einem Motor ohne Turbo. Die Luftdichte hat nämlich vor und nach den Plättchen zugenommen, sie müssen also nicht mehr Druckdifferenz ertragen als sonst auch.


Anwendungsbeispiele

Turboaufladung an Zweitaktern findet man recht oft in Schneemobilen, genannt "Sleds". Speziell der moderne, leistungsorientierte "Sled"-Fahrer fühlt sich oft genervt von dem Leistungsverlust, der ihn beim Erklimmen eines hohen Gletschers ereilt. Nun könnte man meinen, dass 150PS in so einem kleinen Gefährt eigentlich immer reichen müssten, aber wir sind ja auch nicht satt zu kriegen. Egal! Auf jeden Fall war es ein Sled, an dem ich persönlich zum ersten Mal einen Turbolader gesehen habe. Die Motoren haben 600 bis 1000cm³, meist 2- bis 3-Zylinder mit Membraneinlass und unaufgeladen bis 160PS Leistung. Da sich die Geräte oft bergauf Richtung dünne Luft bewegen, bietet sich eine Turboaufladung natürlich an. Mit Grundleistungen >120PS ist die Auswahl an passenden Turboladern groß und so manche Sled-Tuner würgen damit 320 Pferde aus ihren Motoren!

Anschauen kann man sich sowas z.B. hier oder hier


Ein weiteres Beispiel ist dieser RZ350-Motor, der für Dragster-Rennen umgebaut wurde. Durch die Turboaufladung werden hier 133PS aus 347cm³ mit Standard-Zylindern und popeligen 28er Vergasern geholt!

Bilder davon gibt es hier

Noch so ein Zweitakt-Turbo-Geschoss mit Sled-Motor: Hier


Mein absoluter Favorit ist diese Honda CR125 mit Aufladung. Auch hier war die Höhenkompensation Einsatzgrund für den Turbolader. Auf dem Bonneville-Salzsee verliert man aufgrund der Höhenlage nämlich bis zu 20% Leistung!


to be continued...