Übergangsvorschriften für Motorräder
In der noch rudimentär geltenden StVZO und der aktuell geltenden FZV gibt es keinerlei detaillierte Angaben zu Übergangsvorschriften zu Fahrzeugen mehr, wie z.B. "Blinkerpflicht erst ab EZ 1962" oder "Bremsleuchte" mehr, die auch für ältere Motorroller gelten.
Dass man in der StVZO die detaillierten Übergangsvorschriften nicht mehr auffindet, liegt daran:
Bis zum 05.05.2012 galt die unten stehende Liste mit Übergangsbestimmungen. Die Liste wird nach wie vor veröffentlicht, um es dem Benutzer zu erleichtern, Ausrüstungs-/Betriebsvorschrften und deren Anwendungsdaten für die im Betrieb befindlichen Fahrzeuge einfach nachvollziehen zu können. Seit Mai 2012 gilt als „Nachfolger“ der bisherigen detaillierten Übergangsvorschriften folgende Generalklausel:
§ 72 Übergangsbestimmungen
(1) Für Fahrzeuge sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge, die vor dem 5. Mai 2012 erstmals in den Verkehr gekommen sind, gelten die zum Zeitpunkt ihrer Zulassung geltenden Vorschriften einschließlich der für diese Fahrzeuge erlassenen Nachrüstvorschriften fort.
Übergangsvorschriften für Motorräder
(nach Datum EZ sortiert)
Paragraph | Inhalt | Übergangsvorschrift | Anmerkung |
---|---|---|---|
§ 59 StVZO | Fabrikschilder, sonstige Schilder, Fahrzeug-Identifizierungsnummer | bei Erstzulassung vor 01.04.1952 → Ort der Anbringung des Fabrikschildes beliebig | - |
§ 22a StVZO | Bauartgenehmigung für Fahrzeugteile | bei Erstzulassung vor 01.01.1954 → Keine BAG*-Pflicht für Fahrzeugteile | - |
§ 22a StVZO | Bauartgenehmigung für Fahrzeugteile | bei Erstzulassung ab 01.01.1954 → BAG Pflicht für Scheinwerfer mit Fern- und Abblendlicht, Schluss- und Bremsleuchten sowie für Rückstrahler, Kennzeichenbeleuchtung, Begrenzungs- und Parkleuchten und Beiwagen (letzteres rückwirkend wieder aufgehoben am 01.08.90) | - |
§ 22a StVZO | Bauartgenehmigung für Fahrzeugteile | bei Erstzulassung ab 01.01.1961 → BAG Pflicht für Glühlampen für Scheinwerfer mit asymmetr. Abblendlicht und für Nebelscheinwerfer | - |
§ 36a StVZO | Radabdeckungen, Ersatzräder | bei Erstzulassung vor 01.01.1962 → keine genaue Definition über Radabdeckungen (keine heutigen Maßstäbe anlegen) | hier geht es um Teile, z.B. Kotflügel, die dazu dienen, Schmutz und Wasser, das von dem drehenden Rad hochgeschleudert wird, abzuschirmen |
§ 38a StVZO | Sicherungseinrichtungen gegen unbefugte Benutzung von Kraftfahrzeugen | bei Erstzulassung vor 01.01.1962 → Sicherung gegen unbefugte Benutzung durch loses Zubehör (in BW ohne Ausnahme möglich) | das bedeutet, der Roller braucht kein Lenkschloss, sondern darf mit Kabelschloss oder sonstwie gesichert werden |
§ 54 StVZO | Fahrtrichtungsanzeiger | bei Erstzulassung ab 01.01.1962 → Fahrtrichtungsanzeiger erforderlich | also landläufig Blinkerpflicht |
§ 55a StVZO | Elektromagnetische Verträglichkeit | ab 01.01.1962 → Funkschutzzeichen für Funkentstörung erforderlich | (keine Ahnung, ob für Roller relevant) |
§ 54 StVZO | Fahrtrichtungsanzeiger | vor 01.01.1970 → Fahrtrichtungsanzeiger (Blinker) hinten auch rot zulässig | - |
§ 53 StVZO | Schlussleuchten, Bremsleuchten, Rückstrahler | vor 01.01.1983 → Bremslicht auch gelb zulässig | z.B. bei VBA1T gibt es Rücklichter mit gelbem Glas auf dem Bremslicht |
§ 53 StVZO | Schlussleuchten, Bremsleuchten, Rückstrahler | vor 22.03.1985 → Rückstrahler der Kategorie I zulässig | (Kategorien beziehen sich auf photometrische Rückstrahlwerte) |
§ 53 StVZO | Schlussleuchten, Bremsleuchten, Rückstrahler | ab 22.03.1985 → Rückstrahler der Kategorie IA zulässig | (Kategorien beziehen sich auf photometrische Rückstrahlwerte) |
§ 30a StVZO | Durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit sowie maximales Drehmoment und maximale Nutzleistung des Motors | ab 01.04.1986 → Einhaltung des Antimanipulationskatalogs für Fahrräder mit Hilfsmotor, Klein- und Leichtkrafträder aus StVZO | d.h. müssen herstellerseiig technische Vorkehrungen gegen eine manipulative Leistungssteigerung aufweisen |
§ 53 StVZO | Schlussleuchten, Bremsleuchten, Rückstrahler | ab 01.01.1987 → Rückstrahler nicht an beweglichen Teilen zulässig, an den Lenkerenden bei Fahrzeugen mit ABE/EBE bis zum 16.06.2003 weiterhin zulässig | - |
§ 49a StVZO | Lichttechnische Einrichtungen, allgemeine Grundsätze | ab 01.01.1988 → Ausreichende elektrische Versorgung der Scheinwerfer und Signalleuchten erforderlich | (nichts gefunden, was "ausreichend" bedeutet) |
§ 50 StVZO | Scheinwerfer für Fern- und Abblendlicht | vor 01.01.1988 → Hauptscheinwerfer Anbauhöhe untere Spiegelkante < 1000 mm | - |
§ 50 StVZO | Scheinwerfer für Fern- und Abblendlicht | ab 01.08.1988 → Hauptscheinwerfer Anbauhöhe untere Spiegelkante mindestens 500 mm, oberster Punkt leuchtende Fläche kleiner 1250 mm | - |
§ 53 StVZO | Schlussleuchten, Bremsleuchten, Rückstrahler | ab 01.01.1988 → Bremslicht erforderlich | (erstaunlich, dass man zwingend erst ab 1988 ein Bremslicht braucht, Piaggio hat das schon ab 1958 serienmäßig verbaut und vorher gab es das als Zubehör) |
§ 30b StVZO | Berechnung des Hubraums | ab 01.10.1989 → Berechnung des Hubraums mit pi = 3,1416, Bohrung u. Hub in mm, runden auf eine Stelle nach dem Komma | - |
§ 47 StVZO | Abgase | ab 01.01.1989 → Abgasverhalten gem. ECE R40-00 bzw. ECE R47-00 erforderlich | - |
§ 56 StVZO | Spiegel und andere Einrichtungen für indirekte Sicht | ab 01.01.1990 → Zweiter Rückspiegel erforderlich, wenn bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit größer 100 km/h | - |
§ 57 StVZO | Geschwindigkeitsmessgerät und Wegstreckenzähler | ab 01.01.1991 → Geschwindigkeitsmesser muss RL 75/443/EWG entsprechen | - |
§ 47 StVZO | Abgase | ab 01.07.1994 → Abgasverhalten gem. ECE R-40-01, ECE-R40.00 mit Ausnahme bis 30.06.95 | - |
§ 41 StVZO | Bremsen und Unterlegkeile | ab 01.10.1998 → Bremsanlage muss RL 93/14/EWG entsprechen | - |
§ 47 StVZO | Abgase | ab 17.06.1999 → Abgasverhalten muss RL 97/24/EG für neue Typen mit EG-BE entsprechen, EBE ab 01.10.2000 | - |
BAG = Bauartgenehmigung
Thema Kennzeichengröße
Es besteht für Roller vor EZ 01.07.1958 die Möglichkeit das kleine Leichtkraftrad-Schild zu bekommen, nur wissen das die Sachbearbeiter/-innen bei den Zulassungsstellen oft nicht. Da lohnt es sich, darauf zu drängen, dass diese ihre Amtsleitung konsultieren.
Auf verkehrsportal.de gibt es dazu auch ein Topic: [1]
Zitat Für den inzwischen durch die FZV aufgehobenen § 60 StVZO gab es folgende Übergangsregelung: "§ 60 Abs. 1 (Größe der Kennzeichenschilder an Krafträdern): An Krafträdern, die vor dem 1. Juli 1958 (im Saarland: vor dem 1. Januar 1959) erstmals in den Verkehr gekommen sind, deren Hubraum 50 cm3 übersteigt und bei denen das vorschriftsmäßige Anbringen und Beleuchten der Kennzeichen nach Muster c oder d der Anlage V außergewöhnlich schwierig ist, dürfen Kennzeichen nach Muster a der Anlage V verwendet werden."
In der ersten Fassung der FZV vom 03.02.2011 wurde dann zwischendurch diese Ausnahmeregelung vergessen und erst mit Gültigkeit ab 03.07.2021 wurde der § 50 FZV mit dem Abs. (1a) ergänzt:
Zitat (1a) Krafträdern, die vor dem 1. Januar 1959 erstmals in den Verkehr gekommen sind und deren Hubraum 50 cm3 übersteigt, sind verkleinerte zweizeilige Kennzeichen nach Nummer 1 Satz 1 Buchstabe d der Anlage 4 zuzuteilen, es sei denn, der Halter stellt einen abweichenden Antrag.
Thema Tacho
In der StVZO wird der Tacho(meter) als Geschwindigkeitsmessgerät bezeichnet. Laut § 57 der StVZO gilt:
Zitat Kraftfahrzeuge müssen mit einem im unmittelbaren Sichtfeld des Fahrzeugführers liegenden Geschwindigkeitsmessgerät ausgerüstet sein.
Quellen dafür, seit wann überhaupt diese Tachopflicht in D gilt, findet man im Internet kaum. Auf [2] findet man fast ganz unten den Hinweis: "Die allgemeine Tachopflicht wurde 1935 per Gesetz eingeführt. Das heißt, ab da mussten Motorräder ab Werk mit einer Tachometeranlage serienmäßig ausgerüstet sein. In der Zeit davor gab es so etwas meist auf Sonderwunsch."
Das bedeutet, dass man erstmal grundsätzlich um einen Tacho am Roller nicht herum kommt!
In einem älteren Topic wird aber angeführt, dass wohl manche Prüfstellen die Vollabnahme nach §21 auch ohne Tacho erteilen, z.B. bei einer Lampe unten aus Italien, die ja serienmäßig ohne Tacho ausgeliefert wurde. Hier beruft man sich auch darauf, dass ein in einem EU-Land ohne Tacho zugelassen gewesener Roller dann auch in D ohne Tacho zugelassen werden kann.
Ein weiteres Beispiel ist, dass eine ACMA, die im Saarland vor dessen Beitritt zur Bundesrepublik 1957 zugelassen war, auch in D die Zulassung ohne Tacho behält. Dies betrifft m.E. aber höchstens die Vorserie der ACMAs 1951, da auch in Frankreich ab 1952 ein Tacho serienmäßig am Lenker war.
Es mag schon sein, dass es gelegentlich TÜV-Prüfer gibt, die keinen Tacho sehen wollen - was die Zulassungsstelle dazu sagt, steht auf einem anderen Blatt.
Der Ansicht des Artikelverfassers nach, ist für die Zulassung in D ein Tacho definitiv obligatorisch, ganz egal, wo der Roller herkommt und wann er gebaut wurde. Dafür spricht, dass die Tachopflicht in D eingeführt wurde, lange bevor es Vespas oder Lambrettas überhaupt gab, und der gesunde Menschenverstand sagt einem eigentlich auch, dass man bei den herrschenden Geschwindigkeitsbeschränkungen natürlich auch einen Tacho braucht.
Quellen
Volltext StVZO auf gesetze-im-internet.de