Steuerzeiten messen

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Einführung

An einem Zweitaktmotor sind die Steuerzeiten von Einlass, Überströmer und Auslass sowie Vorzündung die in Bezug auf die Motorcharakteristik wohl wichtigsten Einstellgrössen. Die Steuerzeiten können auf verschiedene Art und Weise ermittelt werden. Die gebräuchlichste ist wohl die Ermittlung mit einer Gradscheibe oder per Abstichmaß. Beide Methoden haben dabei eine gewisse Messunsicherheit, die erheblich davon abhängt, wie sauber der Anwender arbeitet. Vor allem bei der Methode Abstichmaß sind sehr grosse Messfehler im Bereich mehrere Grad üblich, wodurch das Messergebnis maximal einen "Schätzwert" darstellt. Unterschiedliche Steuerzeitenangaben für ein und denselben Zylinder sind so (neben Fertigungstoleranzen) zu erklären. Aber auch bei der Methode Gradscheibe sind je nach Anwender Messfehler von mehreren Grad möglich. Die einfachste und vermutlich genaueste Methode ist die mit einem digitalen Winkelmesser, sofern dieser ordentlich adaptiert wird. Die Messgeräte sind heutzutage günstig und trotzdem recht präzise. Die Geräte sind einfach abzulesen und Ablesefehler wie sie z.B. durch Parallaxe entstehen, entfallen.

Alle drei Methoden werden können zur Steuerzeiten-Ermittlung und Zündungseinstellung verwendet werden, die Vorgehensweise wird im Nachfolgenden beschrieben.

Vorbereitung

Grundsätzlich sollte der Motor soweit zusammengebaut sein, dass er dem späteren Zustand entspricht. Um nicht den kompletten Motor vor der Bearbeitung zusammenbauen zu müssen, z.B. zur Ermittlung der Drehschieber-Einlasszeit, kann man sich mit Lagerdummys behelfen. Sofern aussserdem die Zylindersteuerzeiten ermittelt werden sollen, empfiehlt es sich, den Zylinder mit entsprechender Fussdichtung auf dem Block zu fixieren (Hülsen mit Muttern).

Um die Kurbelwelle ohne Lüfterrad drehen zu können, nutzt man am Besten eine alte Grundplatte einer Kupplung oder die Kupplung selbst.

Die Zündungseinstellung kann nur am laufenden Motor ermittelt/eingestellt werden, sie erfolgt also zum Schluss. Idealerweise nutzt man die Markierungen auf dem Polrad und der Polradabdeckung, diese ist (im Gegensatz zu Markierungen im Lüfterkanal) gut und schnell erreichbar, wenn auch die Ablesegenauigkeit nicht ganz so gut ist. Ist die Polradabdeckung mit allen Schrauben befestigt, sitzt sie meist immer an der selben Stelle - somit sind hier keine Messfehler zu erwarten. Wer sicher gehen will, macht an der Abdeckung und dem Lüfterkanal jeweils eine Kerbe.

Ermittlung oberer Totpunkt (OT)

Das Wichtigste für die Zündungseinstellung, aber auch die Drehschiebereinlasszeit, ist die möglichst EXAKTE Ermittlung und Markierung des oberen Totpunktes (OT) per Umschlagsmethode! Für die Überström- bzw. Auslasszeit spielt der OT keine Rolle, da immer die Gesamt-Öffnungswinkel ermittelt werden und die Steuerzeiten logischerweise immer symmetrisch sind.

Um den OT zu ermitteln wird der Kolben mit leichtem Druck in beiden Drehrichtungen gegen ein unnachgiebiges Hindernis gefahren. Das kann ein ordentlich fixierter Kolbenstopper oder auch ein massiver Alubalken sein, den man bei demontiertem Zylinderkopf über zwei Zylinderstehbolzen auf die Dichtfläche drückt. --> Ein im Gewinde wackelnder Kolbenstopper muss vermieden werden, denn dies würde schon zur ersten Ungenaugkeit führen! Vor allem kurz vor OT genügen wenige Zehntel Millimeter um einige Grad zu machen!

Der Kolben wird nun in beiden Drehrichtungen gegen das Hindernis gefahren und die Endlagen jeweils präzise am Lüfterrad und am Motorgehäuse/der Lüfterradabdeckung markiert (grüne Pfeile im Bild):

Bestimmung OT Stahllineal.jpg







Idealerweise nutzt man die originale Markierung (halbierter Stehbolzen) auf dem Polrad und ritzt oder malt die Markierungen auf die Lüfterradabdeckung. Als "Zielhilfe" kann man das Stahllineal oder eine Blattlehre am halbierten Stehbolzen anlegen und so die Markierungen präzise setzen:

Polradmarkierung.jpg







Die Mitte zwischen beiden Endlagen ist der oberen Totpunkt. Dieser wird z.B. mit einem biegsamen Stahllineal, einem Zirkel oder einem digitalen Winkelmesser ermittelt und sorgsam markiert werden. Eine Wiederholung der Prozedur schadet nicht, gerade bei der Zündungseinstellung sollte man auf Nummer sicher gehen!

Zündung Gradmesser.jpg

Steuerzeiten ermitteln

Einlasszeit

Überström- & Auslasszeit

Eine Blattlehre hilft, einerseits den Schliesszeitpunkt präzise zu ermitteln und andererseits einen immer gleich definierten Messpunkt zu haben. Hebt sich die Lehre vom Kobendach ab (roter Pfeil) ist der Kanal sicher zu.

Blattlehre.jpg











Gradscheibe

Eine Gradscheibe wird auf dem Kurbelwellenstumpf Limaseitig fixiert und am Gehäuse ein entsprechender Zeiger aus möglichst steifem Draht, besser Alublech angebracht. Das Ablesen des Messwertes muss präzise möglich sein, ein schwingender oder nachgiebiger Zeiger verfälscht das Ergebnis z.T. stark! Die Scheibe sollte ausserdem gut fixiert sein auf dem Kurbelwellenstumpf, um Messfehlern vorzubeugen.

Gradscheibe Aluzeiger.jpg











Abstichmaß

Um die Messfehler möglichst gering zu halten, ist ein Tiefenmass mit angeschrägter Messspitze erforderlich, anderenfalls misst man die Kolbendachwölbung mit.

SZ-Abstich1.jpg








digitaler Winkelmesser ("Gradmesser")

Befestigung des Winkelmessers auf einem Winkel mit einem Neodym-Magnet. Eine grosse U-Scheibe gleicht die Distanz des überstehenden Kurbelwellenstumpfes aus.

Winkelmesser magnet.jpg










Präzise Verstellung der ZGP, z.B. wenn man nach dem Abblitzen der Zündung die VZ verändern möchte:

Verstellung ZGP.jpg